Die Bürger Deutschlands haben das Glück in einer Demokratie leben zu dürfen. Hier kann man seine Meinung frei äußern und jeder hat das Recht selbstbestimmt und ohne Zwang von Außen leben zu dürfen. Doch leider ist das keine Selbstverständlichkeit für manch andere Ecken auf dieser Welt.
Um sich mit den unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Themen näher auseinanderzusetzen, hat die Justus-Liebig-Universität Gießen als erste Universität Deutschlands den Studiengang „Transition Management“ entwickelt. Hierin geht es vor allem um die Beobachtung von vielen Transformations- und Schwellenländern weltweit, wobei vor allem der Wandel der Gesellschaften von staatlichen Verwaltungen und Regierungsformen hervorgehoben werden soll.
„Eigentlich würde ich dieses Thema nicht studieren, wenn ich noch in meinem Heimatland wäre, denn ein Teil meines Studiums ist Politikwissenschaft und Politik ist insgesamt in den letzten Jahren zu einem dramatisch harten Thema dort geworden.“, erklärt eine 27-jährige Studentin. Sie hat sich für den Studiengang entschieden, weil dieser interdisziplinär, also fachübergreifend, ist. Hierbei werden mehrere, verschiedene Bereiche miteinander zu einem Studiengang vereint, wie zum Beispiel auch bei Wirtschaftsrecht.
Sie will bald ihren Abschluss machen und danach auch unbedingt in Deutschland bleiben, was sie wie folgt begründet: „Ich möchte nicht zurück in mein Heimatland, solange sich die politische Situation dort sich nicht ändert. Vor allem im Hinblick auf mein Studium möchte ich später nicht dort politisch sanktioniert werden und eine Strafe erhalten.“
Die Studentin lebt mittlerweile seit über drei Jahren in Deutschland. Ihr größtes Problem am Anfang war das Visum bei der Einreise. Soweit keine anderen Finanzierungsnachweise für das Verfahren vorgelegt werden können, muss der betreffende Studierende ein sogenanntes Sperrkonto für sich selbst einrichten. Darauf muss sich genügend Guthaben befinden, um die anfallenden Kosten abzudecken, die während des Aufenthalts in Deutschland anfallen. Diese werden nach dem jährlichen Regelbedarf für deutsche Studierende bemessen und betragen pro Jahr 10.332€.
Da die 27-Jährige einen Masterstudiengang anstrebte, musste sie ein Sperrkonto für drei Jahre einrichten, also knapp 31 000€ auf einmal darauf einzahlen. „Es war mir aufgrund der wirtschaftlichen Lage und bei den hohen Wechselkursen in meinem Heimatland fast unmöglich, so viel Geld aufzutreiben und zu sperren. Ich habe meine Mutter vor vier Jahren verloren, also hatte ich keinen Familienunterhalt. Deshalb gaben mir 15 meiner Freunde das Geld zum Sperren, ich wollte es ihnen jeden Monat zurückzahlen.“, so die Studierende.
Doch dieser gut durchdachte Plan, sollte der Studentin noch zum Verhängnis werden. Von dem Sperrkonto darf monatlich nur ein gewisser Betrag abgehoben werden, von dem die Studierenden dann in Deutschland ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Darin sind jedoch nicht etwaige Rückzahlungen vorgesehen.
So kam es, dass sich die 27-Jährige zudem noch für ein Stipendium beworben hat. Für dieses wurde sie jedoch direkt abgelehnt, da sie jeden Monat das Geld von dem Sperrkonto bekam. Zwar konnte sie nachweisen, dass der Betrag von den Freunden stammte und sie diesen in Bruchteilen jeden Monat wieder an sie zurück überwies, jedoch wurde diese Geldsumme unter ihrem Namen verzeichnet. Aus diesem Grund wurden ihre Stipendienanträge alle abgelehnt.
Ein weiteres Problem stellte für sie die Sprachbarriere dar. Gießen ist eine kleine Studentenstadt, bei der die möglichen Nebenjobs immer deutsche Sprachkenntnisse voraussetzten. Daher konnte die Studentin monatelang keine Stelle finden, um sich finanzieren zu können.
Das Resümee der Studierenden ist Folgendes: „Insgesamt ist es daher ohne familiäre Unterstützung wirtschaftlich sehr schwer nach Deutschland zu kommen und dort am Anfang zu bestehen. Darüber hinaus betrifft all dieser Stress den Menschen sicherlich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch psychisch, was die Fokussierung auf das Studium sehr erschwert. Außerdem konnte ich zwischen all diesen Job-Arbeiten, Stress und der Uni nicht genug Zeit damit verbringen, Deutsch zu lernen, was die Situation auch noch komplizierter machte. Aber trotzdem würde ich jedes Mal wieder nach Deutschland kommen, um zu studieren. Ich würde aber auf jeden Fall zuerst Deutsch auf einem sehr guten Niveau lernen, damit zumindest die Jobsuche einfacher wäre.
Da die Ausgaben wegen der Rückzahlung des Sperrkontoguthabens zu hoch waren, konnte die 27-Jährige bei Solifonds keinen Semesterbeitragszuschuss in 2019 und 2021 beantragen. Dennoch wurde ihr einmal in 2021 die Coronabeihilfe bewilligt, weil sie keinen Job gefunden hatte. Eine Langzeitkrankenbeihilfe wurde ihr von Solifonds ebenfalls bewilligt.
Trotz der teilweise nicht bewilligten Leistungen, sagt die Studentin folgendes über Solifonds: „Ich bin Solifonds mehr als dankbar, dass sie für diejenigen da sind, die keine staatlichen Leistungen beantragen können. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich in den letzten Monaten, in denen ich meine Abschlussarbeit schrieb und wir uns zwischen all diesen Corona-Pandemie-Schließungssituationen befanden, mein Leben aufrechterhalten konnte. Ohne Solifonds hätte ich in den letzten Monaten nicht einmal meine Miete bezahlen können. Man hat mir damit die Möglichkeit gegeben, mich nicht nur auf meine Abschlussarbeit konzentrieren zu können, sondern mir damit auch eine gewisse psychische Gesundheit gegeben, die ich mit dem Wissen verbinden konnte, dass ich mein Leben aufrechterhalten und eine gute Abschlussarbeit schreiben kann!“
Die 27-Jährige hat mittlerweile ihre Masterarbeit abgeschlossen und hat kürzlich geheiratet. Hier kann man am Ende nur noch Eines sagen: Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für die Zukunft.
Copyright: Carolin Wagner